Pinocchio im Phönix: Geglücktes Abenteuer in Wittenberg

Mitteldeutsche Zeitung – 20.11.2019

…Virginia Weidlich sieht ziemlich zufrieden aus. „Ich bin glücklich mit dem Ergebnis“, freut sich die Gesangslehrerin der Kreismusikschule. Sie hat sich einer nicht alltäglichen Herausforderung gestellt, einer, die „jeden reizt, der einmal auf einer Bühne gestanden hat“.

Die Sängerin wechselte für ein großes Projekt kurzerhand das Fach – in Richtung Regie. Sie ist wesentlich daran beteiligt, dass es eine Wittenberger Inszenierung der Kinderoper „Pinocchios Abenteuer“ gibt, ein Gemeinschaftswerk von Musikschule, Paul-Gerhardt-Orchester, Tanzstudio Porwol und Gesangsstudenten der Universität in Halle. Die Premiere ist prima gelaufen, eine zweite (vorerst letzte) Vorstellung wird am kommenden Samstag in der „Phönix Theaterwelt“ dargeboten.

Die Fäden zusammengeführt hat insbesondere Virginia Weidlich, organisatorisch, künstlerisch. Dass das ein hartes Stück Arbeit war, räumt sie ein. „Ich hatte so manche schlaflose Nacht.“ Insbesondere das Koordinieren und das Bestreben, jedem halbwegs gerecht zu werden, „ohne dass das Fass explodiert“, sei schwierig gewesen. Manche der Beteiligten stehen im Berufsleben, andere reisen eigens aus Halle an, hinzu kommen all die Musikschüler. Laien treffen Profis, jeder hat eigene Vorstellungen. Das unter einen Hut zu bringen, gehörte zu den stattlichen Herausforderungen beim monatelangen Einstudieren der Oper für Kinder. „Dass auf den letzten Metern alle so gut zusammengefunden haben, das ist toll.“ Die Regisseurin dankt für die Disziplin vor und hinter der Bühne und nicht zuletzt dafür, dass sämtliche Beteiligten an ihre Grenzen gegangen sind.

Sie selbst eben auch. Die Regie zu übernehmen, war ein Abenteuer: „Aber ich brauche immer mal wieder etwas Neues“, erläutert die Wittenbergerin, die eigentlich aus dem sächsischen Meerane stammt. Gesangsunterricht nahm sie schon früh, absolvierte eine Erweiterte Oberschule mit Spezialzweig Musik. Dass Sie nicht wie vorgesehen Lehrerin für Deutsch und Musik wurde, hat mit dem Erlebnis René Kollo zu tun, ein bekannter Tenor, den Virginia Weidlich in Dresden kennenlernen durfte. Ab da wusste die junge Frau, was sie unbedingt wollte: Gesang studieren. Das tat sie in Dresden. Und weil eines ihrer Praktika die Sängerin damals ans Theater nach Wittenberg führte und ihr das offenkundig in guter Erinnerung blieb, wechselte sie Ende der 1980er Jahre nach dem Studium an das Haus in der Lutherstadt: „Ich hatte mir gesagt, hier bleibst du zwei, drei Jahre.“

Daraus sind etliche mehr geworden. Noch bevor das Mitteldeutsche Landestheater geschlossen wurde, ist sie Mitglied beim Johann-Strauß-Ensembles Leipzig geworden, dem sie immer noch angehört: „Das Beste, was mir im Leben passiert ist.“ Virginia Weidlich absolvierte außerdem ein Zusatzstudium: Elementare Musikpädagogik. Und arbeitet inzwischen nicht nur als Gesangslehrerin an der Kreismusikschule, sondern kümmert sich auch um musikalische Früherziehung.

Die Regie bei „Pinocchios Abenteuer“ war eine zusätzliche Aufgabe für die engagierte Frau, die im Übrigen auch noch den Wittenberger Stadtsingechor leitet. Bei der Aufführung unterstützt sie die halbe Familie – ihre Tochter hilft bei der Maske, ihr Sohn beim Licht.

Was den Reiz an der Inszenierung der von Kurt Schwaen komponierten Oper noch erhöht, ist wie berichtet die enge Verbindung zur Frau des Schöpfers, Ina Iske-Schwaen. Die Berlinerin hat nicht nur die Premiere besucht, sondern sich auch für die zweite Vorstellung am Samstag angesagt. Ein Kompliment für die Wittenberger Aufführung: „Sie war beeindruckt von der Exaktheit“, sagt Virginia Weidlich. Man merkt, wie sie das freut.

››Karten für die zweite Aufführung am 23. November ab 16 Uhr gibt es an der Theaterkasse und in der Wittenberg-Information. …